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Klassische Pferdeausbildung
 
Starker Trab mit Felix
 
In der klassischen Pferdeausbildung verfolgt man das Ziel, ein gehorsames und geschmeidiges Pferd auszubilden, das in allen Gangarten und Tempi widerstandslos regulierbar ist und den Reiter weich sitzen lässt. Die Durchlässigkeit und die mit ihr verbundene Rittigkeit des Pferdes stehen also an oberster Stelle.
 
Die Ausbildung des Pferdes baut auf seinen naturgegebenen Eigenschaften, insbesondere auf seinem Bewegungspotential auf. Letzteres wird nach und nach zur vollen Entfaltung gebracht.
 
Die hierfür verwendete Hilfengebung nutzt die natürlichen Reaktionen des Pferdes auf die verschiedenen Hilfen aus. Der Reiter gleicht daher einem Dirigenten. Mit seinem Orchester der Hilfen dirigiert er sein Pferd.
 
Schulterherein mit Felix
Alles in allem stellt die klassische Reitausbildung ein sportliches Training für das Pferd dar. Die gymnastische Durchbildung seines Körpers und seine damit einhergehende geistige Weiterentwicklung sind die Methode der klassischen Reitausbildung. Methode ist dabei nicht mit Schablone zu verwechseln. Zwar gibt es allgemein gültige Grundsätze, aber das spezielle Vorgehen in der Gymnastik hängt im wesentlichen vom Pferd ab.
 
Die Gymnastik des Pferdes gestaltet sich grundsätzlich so, daß der Reiter Einfluss auf Takt, Losgelassenheit, Schwung und Geraderichtung nimmt.
 
Dazu kombiniert der Reiter seine treibenden und verhaltenden Hilfen nach dem Grundsatz: „Nimm auf, was du getrieben hast, treibe nicht mehr, als du aufnehmen kannst“ oder anders ausgedrückt „Treiben, Aufnehmen, Leichter- werden“. Das verbindet er geschickt mit Hufschlagfiguren und Lektionen in der Weise, daß sich Schwung und Geraderichtung verbessern, ohne den Takt zu verlieren.  Dieses Vorgehen führt dazu, daß das Pferd Anlehnung nimmt und an dieser Haltung gewinnt, weil es sich versammelt. Das alles führt zu einer erhöhten Durchlässigkeit gegenüber den Hilfen.
 
Pirouette mit Felix
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts fand die klassische Reitlehre ihre Bestätigung im wesentlichen durch die Erfahrungen und praktischen Erfolge ihrer Anwender. Dies hat sich aber geändert. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, welche die Richtigkeit der klassischen Ausbildungsgrundsätze bestätigen und sogar Erklärungen für die funktionellen Zusammenhänge geben, so zum Beispiel für die Tatsache, daß „Hankenbeugung und Beizäumung Hand in Hand“ gehen, wie es schon Hans von Heydebreck in seiner Bearbeitung des „Gymnasium des Pferdes“ formuliert hat. Diese Untersuchungen haben ganz klar gezeigt, daß bestimmte Ausbildungstechniken, wie etwa die Rollkur, zu völlig unnatürlichen Belastungen im Pferd führen. Zugegeben gibt es kleinere Details in der klassischen Reitlehre, die als nicht zutreffend enttarnt wurden. Die entscheidenden Grundsätze aber wurden bestätigt. Wer sich für diese Untersuchungen interessiert: Wissenschaftliches zur Reitlehre
 
Ausbildungsskala kurz erklärt
 
Takt
  • Reinheit der Fußfolge
  • Zeitliche und Räumliche Regelmäßigkeit
 
Losgelassenheit
  • Zwanglosigkeit (= frei von Verspannung)
  • Bereitschaft zur Hingabe aller Kräfte (erst hiermit kommt es zur Losgelassenheit)
Erkennbar an:
 
Rückentätigkeit
  • Reiter kommt zum Sitzen
  • Getragener, pendelnder Schweif
  • Schulterfreiheit
  • Flüssige, elastische Bewegungen
 
Zwanglosigkeit der Halsmuskeln
  • Tätiges, geschlossenes Maul
  • Untere Halsmuskeln entspannt und zurückgebildet
  • Durchlässigkeit gegenüber Zügelhilfen
  • Geschmeidigkeit beim Stellen und Biegen
 
Anlehnung       
  • Aus den treibenden Einwirkungen hervorgehende, gummizugartig federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdmaul
Leitsatz:
 
Die Haltung des Pferdes formt sich aus der Arbeit von hinten nach vorne.
 
Kriterien der Anlehnung:
  • Relative Aufrichtung. Die Aufrichtung des Halses korrespondiert mit der erreichten Hankenbeugung und Lastübernahme durch die Hinterhand
  • Beizäumung. Nur in hoher Versammlung sollte die Stirnlinie tatsächlich in der Senkrechen stehen.
  • Selbsthaltung. Das Pferd benützt die Hand des Reiter nicht als Stütze.
  • Maultätigkeit. Das Pferd führt bei geschlossenem Maul Kaubewegungen aus. Es bildet sich sahniger Schaum um die Mundwinkel.
 
Fleiß- Schwung
 

Schubkräfte

 

Engagement der Hinterhand

 

Fleiß im Schritt

 

Schwung im Trab und Galopp

 

Tragkräfte

Rückentätigkeit

 
Geraderichtung
  • Die Hinterhufe sollen unabhängig von der gerittenen Linie auf den Spurlinien der Vorderhufe fußen.  
 
      
Sowohl auf gerader wie auch auf gebogener Linie
fußen die Hinterhufe auf den Spurlinien der Vorderhufe.
 
Die Geraderichtung umfasst zwei entscheidende Aspekte:
  • die gleichmäßige Ausbildung beider Körperhälften, so dass das Pferd symmetrisch bezüglich seiner Längsachse fußt.
  • das Schmalspurtreten, das garantiert, dass die Hinterhufe auf den Spurlinien der Vorderhufe fußen. Dies begünstigt die vermehrte Lastaufnahme der Hinterhand, da die Hinterbeine mehr in Richtung zum Lot durch den Schwerpunkt des Pferdes vortreten.    
 
Erst mit dem Schmalspurtreten werden alle Voraussetzungen
für eine vermehrte Lastaufnahme der Hinterhand geschaffen.
  • Eine vermehrte Lastaufnahme der Hinterbeine kommt nur dann zustande, wenn das Pferd in der Stützphase des jeweiligen Hinterbeins näher an der Schwerelinie des Pferdes seine tragenden Kräfte auf die Vorhand überträgt.
 
Versammlung
  • Hankenbeugung in der Stützphase der Hinterbeine. Die verstärkte Beugung der Hinterhandgelenke findet in der Stützphase im Bereich des Hüftlots (= Lot durch den Hüfthöcker) statt. In hoher Versammlung wird das Hüftlot sogar überschritten, wie zum Beispiel in der Levade.
  • Lastübernahme der Hinterhand. Eine Lastaufnahme der Hinterhand findet nur dann statt, wenn das Pferd in der Stützphase aus gebeugten Hanken heraus seine Kräfte aus der Hinterhand auf die Vorhand überträgt. Die vermehrte Lastaufnahme erfordert darüber hinaus, dass die Hinterbeine in der Stützphase näher an die Schwerelinie herantreten und dort ihre tragenden Kräfte aus gebeugten Hanken entfalten. Mit der vermehrten Lastaufnahme der Hinterhand geht natürlich auch eine Rahmenverkürzung einher.
  • Relative Aufrichtung
  • Beizäumung
  • Selbsthaltung
  • Kadenz in versammelten Tempi. Da sich die Stützphasen mit zunehmender Versammlung verlängern, bleiben die vorschwingenden Beine länger in der Luft. In Verbindung mit der Elastizität und Geschmeidigkeit, sowie der geschlossenen Form des gesetzten Pferdes erhält jeder Schritt, Tritt und Sprung eine besondere Akzentuierung. 
  • Ausdruck in verstärkten Tempi. Die Akzentuierung der Bewegungen entsteht hier im wesentlichen durch die verlängerte Schwebephase.
Wissenswertes zu Stütz- und Schwebephasen
Es ist zu unterscheiden zwischen dem Untertreten und dem Herantreten.
Beim Untertreten schwingt ein Hinterbein unter den Körper vor, um dann aufzufußen. Das Herantreten findet dagegen in der Stützphase eines Hinterbeins nahe dem Hüftlot statt. Je höher der Versammlungsgrad eines Pferdes ist, um so stärker werden die Hanken in der Stützphase gebeugt sein. Dabei befindet sich der Huf des jeweils tragenden Hinterbeins näher  am Hüftlot und kann dieses bei sehr hoher Versammlung sogar überschreiten. Das heißt also: Mit wachsender Versammlung tritt das Pferd in der Stützphase eines Hinterbeins stärker an die Körpermitte heran, siehe dazu auch die folgende Abbildung:
 
Mit zunehmender Versammlung tritt
das Hinterbein in der Stützphase
näher an das Hüftlot heran.
 
Die Bewegung eines Hinterbeines kann  insbesondere bei höherer Versammlung in folgende Phasen unterteilt werden:

1.Phase

2.Phase

3.Phase

4.Phase

Vorschwingen

Auffußen

Durchschwingen →   

mit vermehrter Hankenbeugung näher am Hüftlot

Abfußen

Untertreten

 

Herantreten

 

Hier noch eine Übersicht:

Voraussetzung ist ein konstanter Takt

Wachsende Versammlung

(versammelte Tempi)

Abnehmende Versammlung

(Verstärkungen)

Längere Stützphasen

Kürzere Stützphasen

Kürzere Schwebephasen

Längere Schwebephasen

Abnahme des Raumgriffs

Zunahme des Raumgriffs

Verkürzung des Rahmens

Erweiterung des Rahmens

Verringerung der Geschwindigkeit

Zunahme der Geschwindigkeit

 
Äußeres Erscheinungsbild des versammelten
Pferdes

Versammlungsgrad abhängig von gestellten Anforderungen

Hankenbeugung

Relative Aufrichtung

Beizäumung

Herantreten an die Schwerelinie

Gleichmäßig nach oben gewölbter Hals

Stirnlinie kommt in die Senkrechte.

Senken der Kruppe

Genick ist höchster Punkt.

 

Verringerung des Raumgriffs

 

 

Verlängerung der Stützphasen

Schulterfreiheit

Längeres Aushalten der vorschwingenden Beine in der Luft

Verkürzung des Rahmens

Praktische Vorgehensweise beim Versammeln
 
Leitsatz:
 
Schwungentwicklung ohne Taktverlust
in ein "in sich gerades" Pferd hinein.
  • Durch halbe Paraden nach dem Leitsatz:
Treiben- Auffangen- Leichterwerden.
 
Man fängt auf, was man getrieben hat.
Man treibt nicht mehr als man auffangen kann.
Wurde kein zusätzlicher Schub entwickelt,
darf nichts abgefangen werden.
  • Durch Kombination aller Hufschlagfiguren und Lektionen, die die Schwungentwicklung und Geraderichtung momentan am meisten fördern.
Haltung und Versammlungsgrad
Dass es einen besonderen Zusammenhang zwischen der Haltung des Pferdes und seinem Versammlungsgrad gibt, hat wahrscheinlich jeder, der reitet, schon einmal gehört und vielleicht auch schon selbst erfahren.
So soll sich ein Pferd vermehrt beizäumen und im Hals aufrichten, wenn es mit der Hinterhand mehr Last aufnimmt und dazu die Hanken verstärkt beugt. Ist das Maß der Beizäumung und Aufrichtung so auf die Lastaufnahme der Hinterhand abgestimmt, dass der Rücken weiterhin schwingen kann, spricht man von "relativer Aufrichtung", was die Halshaltung angeht.
Um dieser Idealvorstellung von Versammlung möglichst nahe zu kommen, sollen die treibenden Hilfen im Orchester der Hilfen den Vorrang haben. Dies kommt darin zu Ausdruck, dass das Treiben an erster Stelle steht: "Treiben- Auffangen-Leichter-werden".
Der so entwickelte zusätzliche Schub wird aufgefangen, um ein Erhöhen des Tempos oder den Verlust des Takts zu verhindern. Damit das Pferd nicht in eine unnatürliche Haltung gezogen wird, muss auch wieder nachgegeben werden, jedoch ohne ein Springen-lassen der Zügel, daher heißt es nur "Leichter-werden". Bei konsequenter Anwendung dieser "halben Parade" (=Treiben-Auffangen-Leichter-werden) wird das Pferd lernen, auf das Treiben nicht schneller zu werden oder den Takt zu verlieren, sondern sich so zu versammeln, wie es anfangs beschrieben worden ist.  Die Praxis macht deutlich, dass ein
 
naturgemäßer Zusammenhang zwischen Beizäumung, Aufrichtung und Lastaufnahme der Hinterhand aus gebeugten Hanken
 
zu bestehen scheint.
 
Was ist der Grund dafür?
 
Die Ausführungen, die Sie unter folgendem Link

 
finden, sollen den Weg zur Beantwortung dieser Frage ebnen. Mit Hilfe zweier Applets wird versucht, einen mehr intuitiven Zugang zum Verständnis der Zusammenhänge zu finden, aus dem sich die Antwort auf die obige Frage fast von selbst ergibt.